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Grafik:Wir machen Freizeit zum Vergnügen. Hintergrundgrafik: Großes Kettenkarussel.

Der Schaustellerverband Berlin e.V.


Der Schaustellerverband Berlin e.V. ist die Berufsspitzenorganisation für das Schaustellergewerbe im Land Berlin. Organisiert als freiwilliger Zusammenschluß vertritt er derzeit ca. 120 Mitglieds-betriebe mit zusammen über 1000 Vollarbeitsplätzen. Der Zweck des Verbandes ist die Sicherung und Verbesserung der rechtlichen und wirtschaftlichen Lage des Berufsstandes und des Wirtschaftszweiges der Schausteller im Land Berlin. Gegründet wurde der Schaustellerverband Berlin e.V. bereits im Jahre 1898 als „Section Berlin“ im „Internationaler Verein reisender Schausteller u. Berufsgenossen Sitz Hamburg“ und blick damit auf eine lange, wechselvolle Geschichte zurück. Nach Ende des dritten Reichs kam die Neugründung 1950. Untrennbar verbunden mit der neueren Geschichte des Schaustellerverband Berlin e.V. ist der Name von Konsul Harry Wollenschläger, der über lange Jahre als 1. Vorsitzender die Geschicke des Schaustellerverband Berlin e.V. lenkte, zeitgleich Präsident des Deutschen Schaustellerundes und der Europäischen Schaustellerunion war.

Der Schaustellerverband Berlin e.V. und seine Mitglieder organisieren jährlich rund 20 Volkfeste, darunter das Berliner Frühlingsfest, die Steglitzer Woche, das Deutsch-Französische Volksfest, das Deutsch-Amerikanische Volksfest, das Berliner Oktoberfest und den Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche, um nur die wichtigsten Events zu nennen. Unser Metier ist die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen jeder Art. Unser und das Know-How unserer Mitglieder spiegelt sich wieder in unseren großen Volksfesten und Weihnachtsmärkten mit über 1 Million Besuchern jährlich.

 

Begleiten Sie uns auf eine kurze Zeitreise:

Die deutsche Volksfestkultur ist in ihrer Art einzigartig auf der Welt und vom Deutschen Bundestag und der Europäischen Union als schützens- und erhaltenswertes Kulturgut der Bundesrepubloik Deutschland anerkannt. Das älteste Volksfest, das „Lullusfest“ in Bad Hersfeld, ist über 1200 Jahre alt. Jahrmarkt, Kirchweih, Kirmes, Kerbe: Die Bezeichnungen sind unterschiedlich, was sich auch in den Namen von überregional bekannten Volksfesten wie dem Münchner Oktoberfest, dem Cannstatter Wasen, dem Hamburger Dom oder dem Bremer Freimarkt zeigt. Gemeint ist im Kern jedoch stets das gleiche.

 

Der Ursprung solcher Volksfeste ist mannigfach. Teils geht die Kirmes tatsächlich auf ein Kirchweihfest zurück, teils auf eine Messe. Meist war sie verbunden mit einem einmal jährlich abgehaltenen Jahrmarkt; solche Veranstaltungen waren für Händler wie für Käufer so attraktiv, daß sie oft tage-, ja sogar wochenlang unterwegs waren, um rechtzeitig am Ort zu sein. Jahrmärkte wurden daher schon bald über mehrere Tage abgehalten, um das Risiko eines Zuspätkommens zu verringern.

 

Doch auch der eigene Erfolg war ein Grund für die lange Marktzeit. Beispielsweise zählte man in München beim mittelalterlichen Jahrmarkt am Jakobsplatz bis zu 60.000 Gäste – München hatte zu dieser Zeit etwa 12.000 Einwohner. Neben den Buden, die dem eigentlichen Handel dienten, wurden darum auch Einrichtungen zur Verköstigung der Besucher nötig – die Vorläufer der heutigen Imbissbuden. Daneben fanden sich zunehmend auch Leute ein, die mit schaustellerischer Unterhaltung das Interesse der Marktbesucher weckten. Gaukler und Feuerschlucker, wandernde Komödianten, Schausteller mit exotischen Tieren, Spitzbuben und Spießgesellen, die ihre Fechtkünste zeigten, aber auch Zahnbrecher und Wunderärzte waren die Attraktionen der mittelalterlichen Jahrmärkte. Doch das, was heute insbesondere für Kinder und Jugendliche die größte Anziehungskraft eines Jahrmarkts ausmacht, das gibt es erst seit knapp 400 Jahren: Karussells. Das älteste Zeugnis über solcherlei Belustigung berichtet über den Jahrmarkt der osmanischen Handelsstadt Philippopel, dem heutigen bulgarischen Plowdiw.

 

• 1775 Das erste kleine, künstlerisch gestaltete Holzkarussell ist die Attraktion im Pariser Vergnügungspark „Jardin Monceau“.

 

• 1826 konstruiert Engelbert Zirnkilton, ein Holzschnitzer und Schuhmacher aus Passau, den „Passauer Prater“, ein Karussell mit 16 Holzpferdchen. Erste Geräte dieser Art sind schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf deutschen Jahrmärkten zu sehen.

 

• um 1850 beginnt der Einzug der Schaubuden auf den Jahrmärkten. Erstmals wird Kleinkunst dort „in organisierter Form vorgeführt“, und erstmals tritt der „Recommandeur“, der durch gezielte Anpreisung das Publikum neugierig macht, professionell in Erscheinung. Erst ein halbes Jahrhundert später, um 1900, entwickeln sich die ursprünglichen Schaubuden mehr und mehr zu Varietés mit musikalisch-tänzerischen, akrobatischen und magischen Programm-Bestandteilen.

 

• 1856 setzt man in England erstmals – zunächst versuchsweise – die Dampfkraft zum Antrieb eines Karussells ein.

 

• um 1890 beginnt – wiederum in England – der Vormarsch der Dampfzugmaschinen, der sogenannten „Lokomobile“. Diese Mehrzweckfahrzeuge haben am Bug einen Generator zur Erzeugung von elektrischem Strom für den Schausteller-Geschäftsbetrieb und können – beim Transport von Platz zu Platz – bis zu acht Wagen ziehen.

 

• 1890 wird dem deutschen Volksfestpublikum die erste Schiffschaukel präsentiert. Eine besondere Attraktion ist zeitweise die sogenannte „Hexenschaukel“, eine Konstruktion, bei der sich Wände und Decken um den Fahrgast in der Schiffschaukel drehen.

 

• 1893 konstruiert der Ingenieur Georg W.G. Ferris das erste große Riesenrad. Noch heute heißen in den USA die Riesenräder „Ferris Wheels“.

 

• 1908 liefert die amerikanische Firma Bartling die erste transportable Achterbahn der Welt an einen Münchner Schausteller.

 

• 1925 wird in den USA der erste Autoscooter entwickelt. Es dauert nur ein Jahr, bis diese neue Attraktion auch auf einem deutschen Jahrmarkt zu bestaunen ist.

 

Im Grunde ist es aber gar nicht so wichtig, warum wir feiern - wichtig ist, daß wir feiern. Denn das Miteinander-Feiern gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen. In einer mobiler werdenden Gesellschaft mit immer mehr Freizeitmöglichkeiten - die gleichzeitig aber auch von Isolation geprägt ist - steht die „alte“ Kirmes für eine neue, unkomplizierte Form der Geselligkeit. Wie ließ schon Goethe seinen Doktor Faustus erkennen:

 

„Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!“

 

Die Kirmes ebnete zudem auch Erfindungen wie Fotografie und Film den Weg zum breiten Publikum. Reisende Kinematographen waren die Vorreiter moderner Kinos. Die erste Eisenbahn fuhr ebenfalls auf einem Volksfest.

 

War der Kirmesbesucher zu Beginn noch passiver Zuschauer, wurde er Mitte des 19. Jahrhunderts zum aktiven Teilnehmer: Karussell, Schaukel, Schießstand waren lange die beliebtesten Attraktionen der Kirmes. Erst Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts etablierte sich das moderne Schaustellergewerbe: Achterbahn, Autoskooter und Geisterbahn - transportable Fahr- und Schaugeschäfte gehören bis heute zum Vergnügungsangebot großer Kirmessen.

 

Soweit ein kurzer Blick zurück. Aber auch Volksfeste der Gegenwart bieten Interessantes:

 

Volksfeste, die Besuchermagneten

 

Volksfeste haben bundesweit 178 Millionen Besucher jährlich, nicht eingerechnet sind Weihnachtsmärkte.

Rund 63% der deutschen Bevölkerung besuchen Volksfeste, durchschnittlich 3,2 mal pro Jahr.

Bezogen auf die Besucherzahlen stellen Volksfeste das bedeutendste Angebotssegment der Freizeitwirtschaft dar. So haben Bäder nur 160 Millionen Besucher, Kinos 149 Millionen Besucher, Theater 33,8 Millionen Besucher und die 1. Fußballbundesliga lediglich 9,3 Millionen Besucher. Volksfeste haben mehr Besucher als der gesamte zusammengenommene öffentliche Kulturbetrieb aus Theatern, Opern, Orchestern, Festspielen, Museen, Volkshochschulen, Musikschulen und Bibliotheken.

Volksfeste sind damit ein unverzichtbarer Bestandteil des öffentlichen Kulturlebens und integrativer Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge.

Wirtschaftliche Bedeutung von Volksfesten

Besucher geben durchschnittlich 22,04 € pro Besuch und Person aus. Bei ermittelten 178 Millionen Besuchern pro Jahr lösen Volksfeste damit Gesamtumsätze von 3,92 Milliarden € aus, nicht eingerechnet sind Verkehrsleistungen.

 

Auch hier muß man wieder die Umsätze von Theatern, Kinos, Freizeit- und Erlebnisbädern sowie Kulturbetrieben und Musicals addieren, um auf einen Umsatzwert in gleicher Größenordnung zu kommen.

 

Aus den Ausgaben der Volksfestbesucher resultieren Nettoumsätze (einschließlich Verkehrsleistungen) in Höhe von 3,4 Milliarden Euro. Die Nettowertschöpfung aus der 1. und 2. Umsatzstufe beträgt rund 1,8 Milliarden Euro. Dies entspricht 0,126 % des Volkseinkommens. Davon entfallen 0,85 Milliarden Euro auf die Schausteller, 0,95 Milliarden auf andere Branchen außerhalb des Volksfestes, wie beispielsweise Verkehrsunternehmen (An- und Abreise der Besucher und Schausteller), Einzelhandel oder Gastgewerbe (Gaststättenbesucher der Volksfestbesucher außerhalb des Festgeländes, Hotelübernachtungen von Städtetouristen etc.).

 

Mehr als die Hälfte der durch Volksfeste ausgelösten Wertschöpfung kommt damit anderen Branchen als dem Schaustellergewerbe zu. Eine Absage von Volksfesten trifft damit das umliegende stationäre Gewerbe mehr, als die direkt betroffenen Schausteller. Erhalt von Volksfesten ist somit unmittelbare Wirtschaftsförderung für das heimische stationäre Gewerbe.

 

Auch die Kommunen selbst profitieren von den Volksfesten. So fließen jährlich etwa 69 Millionen Euro aus Standgebühren und weitere 85 Millionen volksfestindizierte Steuereinnahmen in die öffentlichen Kassen. Rechnerisch bedeutet dies, daß bei 178 Millionen Volksfestbesuchern je Besucher 0,50 Euro Steuereinnahmen zu verzeichnen sind.

 

Werbe- und Imageeffekte von Volksfesten

 

Neben den unmittelbar meßbaren Steuereinnahmen sind die Werbe- und Imagefaktoren von Volksfesten für die Kommunen unverzichtbar. Wer im In- und Ausland würde München kennen ohne das Oktoberfest? Aber nicht nur solche Effekte im Großen sind zu verzeichnen. Gerade was die Beurteilung der Lebensqualität einer Gemeinde ausmacht und damit unmittelbaren Einfluß auf die Ansiedlung neuer Gewerbe hat, sind Volksfeste als Teil des öffentlichen Lebens unverzichtbar.

 

Auch für Unternehmen sind Volksfeste wichtiger Kooperationspartner und Imageträger. Öffentliche Verkehrsunternehmen können ihr Leistungspotential demonstrieren und Neukunden gewinnen. Brauereien erhöhen durch ihre Präsenz auf Volksfesten die Markenbindung und stärken ihr Produktimage bei den Endverbrauchern. Unterschiedlichste Sponsoringpartner, von Autohäusern, Zeitungsverlagen und Radiosendern bis zu Marketingagenturen nutzen die Anziehungskraft von Volksfesten, sich beim Endkunden darzustellen.

 

sozio-kulturelle Effekte von Volksfesten

 

Nicht zu vernachlässigen sind letztlich die manigfachen sozio-kulturellen Faktoren von Volksfesten. Sie sind für die Bewohner der Veranstaltungsorte eine kommunikative Plattform und wirken integrierend, da sie von allen Bevölkerungs- und Altersgruppen besucht werden.

 

Volksfeste sind zum Teil sehr traditionsreiche Veranstaltungen mit mehr als 1.000-jähriger Geschichte, werden von den Besuchern aber als absolut zeitgemäß beurteilt und eignen sich daher, die damit verbundenen Bräuche und Traditionen zu bewahren und zu pflegen.

 

Volksfeste erhalten die Lebensqualität der veranstaltenden Städte und werden von den Einwohnern und auswärtigen Besuchern als besondere Ereignisse und wichtige Veranstaltungen angesehen, deren Durchführung langfristig von den Kommunen gesichert werden sollte. Hierfür sollten nach Meinung der Besucher, falls notwendig, auch öffentliche Mittel verwendet werden.

 

Ein weiteres Schwerpunktthema, daß uns bereits heute nachhaltig beschäftigt, ist der demographische Wandel in der Gesellschaft.

 

Gerade mittlere Volksfeste haben sich in den letzten Jahren auch aufgrund einer starken Orientierung an Fahrgeschäften und vorrangig technologischer Innovation („schneller – höher – weiter“) teilweise zu reinen Jugendveranstaltungen gewandelt. Aufgrund des demographischen Wandels wird die Zielgruppe der 6-36-jährigen jedoch mittelfristig weiter stark schrumpfen. In der Konsequenz bedeutet dies für viele Volksfeste einen schon jetzt wahrnehmbaren deutlichen Rückgang an Besucherinnen und Besuchern.

 

Verbunden damit ist auch ein Interessenwandel in dieser Altersgruppe. Kinder interessieren sich immer früher schon für „jugendliche“ Fahrgeschäfte und Action-Angebote, Jugendliche und junge Erwachsene haben aufgrund erhöhter Mobilität und technologischen Wandels zunehmend mehr Möglichkeiten auch außerhalb von Volksfesten attraktive und teilweise teure Freizeitangebote wahrzunehmen. Neben Internet, Handy und Spielkonsolen sind hier Freizeitparks, große Einkaufscenter und (Kurz-) Urlaube zu nennen. Solche veränderten Freizeitgewohnheiten stellen vor allem in finanzieller Hinsicht eine zunehmende Konkurrenz für Schausteller und Volksfeste dar.

 

Demgegenüber ist die Zielgruppe der Über-40-jährigen ohne Kinder eher wenig auf Volksfesten vertreten. Dies aber ist zugleich die Zielgruppe, die insgesamt über das größte Einkommen verfügt und ein intensives Interesse an Abwechslung und werthaltigem Konsum hat. Eine strategische Neuausrichtung der Volksfeste muß sich also daran orientieren, diese Zielgruppe für das Volksfest wieder zurück zu gewinnen, das Volksfest also wieder zu einem gemeinsamen Erlebnis für alle Altersgruppen zu entwickeln. Insbesondere manche kleinere Volksfeste können dazu aufgrund gewachsener Traditionen und der eindeutig vermittelbaren Nähe („hier trifft man sich“) viele Anregungen bieten. Die nach wie vor positive Entwicklung der „Weihnachtsmärkte“ zeigt die Möglichkeiten, die in einer Trendwende bei der Zielgruppe liegen.

 

Auch an der neuen Trendzielgruppe Senioren kommt keiner mehr vorbei. Denn deren Anteil an der Bevölkerung wächst: Im Jahr 2030 wird jeder dritte Bundesbürger über 60 Jahre alt sein. Die neuen Alten haben zudem eine beträchtliche Kaufkraft: Die 55- bis 65-Jährigen geben monatlich knapp 2 360 Euro pro Haushalt für Konsum aus, ermittelte das Statistische Bundesamt.

 

Ziel ist es, mit Extra-Veranstaltungen und Thementagen neue Besucherschichten auf das Volksfest zu bringen und die Stammkunden noch besser von der Attraktivität der Veranstaltung zu überzeugen.

 

Qualitative Verbesserungen und verstärkte Innovationen in allen Sparten führen zu veränderten Anforderungen an Schausteller und Veranstalter. Die gemeinsamen Aufgaben müssen professionell vorbereit und durchgeführt werden. Sorgen wir gemeinsam dafür, daß die Volksfeste in Deutschland auch weiterhin eine Zukunft haben.

 

Städte leben nach wie vor davon, ihren Bürgerinnen und Bürgern, aber auch ihren Besuchern ein attraktives und vielfältiges kulturelles Angebot machen zu können. Volksfeste sind dafür ein unverzichtbarer Bestandteil.

 

„Es ist kein Blumenbeet zu schade,
als daß man nicht ein Karussell für Kinder drauf baue.“

Papst Johannes XXIII

 

 

Logo des Schaustellerverbandes: Brandenburger Tor mit Riesenrad im Hintergrund

 

 

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